Zunderschwamm und Kohle
- 19. Januar 2023
Esoteriker und »New Ager« verwenden für ihre Räucherungen gerne die in Alufolie eingepackten, leicht entzündbaren, runden Holzkohleplättchen, wenn sie mit irgendwelchen exotischen Düften die Atmosphäre zu reinigen oder das Göttliche zu verehren gedenken. Da diese Holzkohle oftmals aus den ärmsten Ländern kommt, wo die Frauen oft schon Kilometer für ihr Herdholz laufen müssen, nehme ich lieber den einheimischen Zunderschwamm (Fomes fomentarius), um die Kräuter zum Glimmen zu bringen – das heißt, wenn nicht gerade glühende Holzkohle vom Lagerfeuer oder vom häuslichen Herd vorhanden ist.
Korkig-holziger Schichtporling
Der Zunderschwamm ist ein korkig-holziger Schichtporling, der vor
allem auf altersschwachen Buchen schmarotzt. Er soll auch gelegentlich auf Birken vorkommen, aber da habe ich ihn noch nie gesehen. Der echte Zunderschwamm ist ebenso elefantengrau wie die Buchenrinde; er hat einen Durchmesser von bis zu 50 Zentimeter und ist fast so hoch wie er dick und breit ist. Man kann ihn eigentlich nicht mit anderen Schichtporlingen verwechseln. Der rotrandige Baumschwamm (Fomes pinicola), der hauptsächlich auf Fichten wächst, ist zwar grau, hat aber einen roten Rand; auch riecht er viel säuerlicher.
Der Zunderschwamm fühlt sich auf Laubbäumen wohl
Zunder – von derselben sprachlichen Wurzel wie »zünden« – wurde bereits in der Steinzeit zum Feuerentfachen genutzt. Zunder wird wie folgt hergestellt: Der Schwamm wird in Wasser, noch besser in Urin, für einige Tage eingeweicht. Das macht ihn weich genug, so dass es nicht schwierig ist, die harte Huthaut und die Röhrenschicht mit einem scharfen Messer zu entfernen. Genutzt wird nämlich die weiche Innenmasse (Trama). Diese wird nach dem Herausschälen ordentlich getrocknet und durch Klopfen weich gemacht. Der fertige Zunder fühlt sich etwa wie Wildleder an und sieht auch dementsprechend aus.
Um die Kräuter zum Glimmen zu bringen eignet sich der Zunderschwamm
Steinzeitliches Feuerzeug
Das steinzeitliche Feuerzeug bestand aus einem Beutel mit trockenem
Zunderpilz, einem Stück Feuerstein und einem Stück Pyrit (Eisenstein).
Wenn der Funke, der dem Zusammenschlagen des Pyrits und des Feuer–
steins entspringt, auf den trockenen Pilz fällt, fängt er gleich an zu glim–
men. Mit Pusten und Blasen bringt man ihn schnell zum Glühen. »Ötzi«,
der jungsteinzeitliche Bergwanderer, der vor einigen Jahren im Ötztal aus
einem Gletscher herausgetaut war, trug bei seinen Wanderungen über die
Alpen auch Reste eines Zunderschwamms und einen Pyritstein mit in sei–
nem Beutel.
Auch ein Birkenporling (Polyphorus betulinus), aufgefädelt auf
einen Lederstreifen, wurde bei ihm gefunden. Der Birkenporling ist als
Zunder wenig brauchbar – eignet sich auch nicht, wie einige Psychedeliker
vermuteten, um auf »Trip« zu gehen –, sondern stellt eine Art steinzeitliche
Notfallapotheke dar, da er auf frischen Wunden blutstillend und antisep–
tisch wirkt. Wie die Kelten benutzten die späteren Europäer den Zunder–
schwamm, um Feuer zu machen, wenigstens bis zur Erfindung der Streich–
hölzer um 1850 in Paris. Um die Zündfähigkeit zu erhöhen, wurde der
Zunder noch in Salpeter getränkt. Das ist für die Puja aber weniger inter–
essant, da der Schwamm nicht in Feuer auflodern, sondern einfach glim–
men soll, sonst würden die Räucherkräuter ja lichterloh verbrennen.
Textauszug aus Naturrituale
In dem Buch, Naturrituale, erläutere ich die Struktur der Naturrituale, schamanische Techniken und Rituale, deren Wurzeln in die Steinzeit zurückreichen, können auch dem modernen Menschen Wege zur geistigen Dimension eröffnen. Anhand zahlreicher Beispiele aus Amerika, Asien, Australien und Afrika.
Wie ich den Zunderschwamm vorbereite
Lange habe ich mit der Räucherkohleherstellung aus dem Baumschwamm experimentiert. Inzwischen habe ich mit dem umständlichen einweichen und dem schwierigen Abschälen der Hutrinde und Röhrenschicht aufgehört.
Ich lasse die Schwämme gut trocknen und zersäge sie senkrecht in Scheiben von etwa 1 bis 2 cm Dicke. Wenn sie so schmal sind, lässt sich die harte Hutschale leicht abmachen. Sogar die Röhrenschicht lasse ich, denn auch sie glimmt, wenn auch nicht so gut wie das Trama.
Der Zunderschwamm steht mittlerweile in einigen Bundesländern in Deutschland unter Naturschutz
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Kommentar
Hallo liebe Familie Storl,
ich “verfolge” die Arbeit von euch schon eine Weile und finde es immens schön und wichtig , dass all das Wissen weitergegeben wird.
Ich bin Natur – und Wildnispädagogin und fühle mich draußen immer sehr wohl .
Eine einfache Art zu leben und auch den Kindern viel weiterzugeben ist unser Weg.
Wonach ich immer noch Suche , wäre ein (wenigstens kleiner ) Überblick zu belegten Festen oder Ritualen /Traditionen der “germanischen Völker “.
Viele, veröffentlichen Keltische Jahreskreis Kalender usw ., lese aber kaum wissenschaftlich belegtes oder habe noch nichts gefunden.
Es wäre schön, wenn ihr vielleicht darüber noch ein Buch veröffentlichen könntet.
Bisher habe ich nur Spuren in Tacitus gefunden oder in einigen Märchen oder Sagen. Es ist alles sehr schwammig.
Ich glaube dass viele in Deutschland sich mit dem Thema Abstammung/Herkunft /Identität beschäftigen und das es immer mehr Nachfrage zu alten Traditionen /Festen/Brauchtum gibt.
Es ist schwierig wenn aus jeder Ecke Halbwissen veröffentlicht wird , das kaum Hand und Fuß hat. (meine subjektive Meinung)
Sollte ich allerdings ein bereits erschienenes Buch von euch, mit eben diesen Inhalten übersehen haben, bitte mitteilen ;.)
Ganz arg liebe Grüße ins Allgäu
Anna Steckas aus dem Westerwald
Vielen Dank für’s teilen Ihrer wertvollen Erkenntnisse zum Zunderschwamm als Rucherunterlage.
Vor einigen Jahren habi paar Fruchtkörper gesammelten und trocken gelegt.
Zum Feuer machen ist mir bisher die Verwendung v. Birkenrinde einfacher erschienen.
Werd nun die Fruchtkörper mit der Metalsäge in Streifen schneiden und damit rumprobieren.
Stürmische Grüße aus Unterfranken
Dankeschön für die wunderbaren informationen –
Alles gute, Brigitte 🍁