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Eine Pflanze mit Zauberkräften

In den schattigen Laubwäldern Europas, Sibiriens und Nordamerikas wächst ein kleines, zartes, ausdauerndes Nachtkerzengewächs: das Hexenkraut (Circaea lutetiana). Die kleinen, weißen, bis rötlich angehauchten Blüten, die im Hochsommer erscheinen, werden von Schwebefliegen bestäubt. Die kleinen borstigen Früchte haften sich ans Fell vorbeilaufender Tiere oder auch an den Socken der Wanderer.

Wenn wir anhalten, uns Zeit nehmen und uns in eine Blume, ein Tier, eine Wolke … hineinversetzen, dann können uns Welten von unendlicher Tiefe aufgehen.

Das Erbe der Göttin Circe

In der heutigen technokratischen Arbeitswelt, in der Frauen oft genötigt sind mit Männern in Berufen zu konkurrieren, in der das altüberlieferte, weibliche Heilwissen und die Hebammenkunst dem rational-wissenschaftlichen Diktat professioneller Mediziner unterworfen ist, und in der die Sexualität bis ins letzte Detail wissenschaftlich analysiert wird, ist viel von der femininen Macht und Magie verloren gegangen oder unterdrückt worden.

Nun aber versuchen Frauen, die sich als „Hexen” oder wilde Weiber verstehen, ihre weiblich-magischen Kräfte wieder der Vergessenheit zu entreißen und erneut zur Geltung zu bringen.

Da ist es kein Wunder, dass das sogenannte Hexenkraut plötzlich Konjunktur hat.

Es wurde ja nach Circe (griech. Kirke) benannt, der Erzhexe, die die Mannschaft des Helden Odysseus (lat. Ulysses) in grunzende, Eicheln fressende Schweine verwandelte, indem sie ihnen, mit „bösen Kräutern” gemischten Met zu trinken gab. Auch Odysseus wollte die Zaubergöttin mit ihren Kräutern und Gesang bezirzen – ein Wort, übrigens, das sich auf die Circe bezieht –, aber dank der Wurzel Moly,die ihm der Götterbote Hermes gegeben hatte, konnte sie den kühnen Seefahrer nicht verzaubern. Ein ganzes Jahr verbrachte er mit ihr in wunderbarster Liebesekstase, bis sie ihn mit ihren Segen wieder gehen ließ und seiner Mannschaft die menschliche Gestalt wiedergab.

Die Macht des Elfenfängers

Welche „böse Kräuter“ waren es, die die schicksalspinnende Hexengöttin ihren Opfern in den Met mischte? Pflanzenkundige konnten das Rätsel nicht lösen. Der flämische Botaniker Lobelius (1538-1616) mutmaßte es könnte dieses unscheinbare, in unseren Wäldern wachsende „Hexenkraut” gewesen sein. Linnaeus, der die Pflanzenwelt klassifizierte, stimmte ihm zu. Und damit begann die heutige Faszination mit der, vorher wenig beachteten Waldpflanze.

Unsere neuen „Hexen” sind überzeugt, dass das Hexenkraut eine tiefgreifende Wirkung auf die menschliche Seele hat. Frauen, die das frische Kraut bei sich tragen, berichten von einer plötzlichen Anziehungskraft auf Männer. Und wenn sie den Tee trinken, wird es ihnen leichter einen Mann um den Finger zu wickeln.

Literaturtipp Meine Kräuter des Waldes

Ich porträtiere in diesem Buch 30 heimische Waldkräuterpersönlichkeiten: Die charakteristischen Merkmale der Pflanzen, ihre Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten als heilende oder essbare Pflanzen und vor allem ihr Wesen, sowie ihre kulturgeschichtliche Bedeutung für uns Menschen.

Meine Kräuter des Waldes Wolf Dieter Storl

In der Volksmedizin spielt die unauffällige Schattenpflanze kaum eine Rolle.

Die nordamerikanischen Irokesen brauen einen Tee aus dem Kraut gegen Hautverletzungen. Tatsächlich soll das ungiftige Kraut eine leichte entzündungshemmende, zusammenziehende, blutstillende Wirkung haben.

Die alten Angelsachsen nannten die Pflanze Aelfthone („Elfenfänger”). Es sollte gegen den magischen, aber verderblichen Zaubergesang der Elfen, sowie gegen Aelfsogota, der „Elfensucht”, die die Kräfte eines Menschen dahinschwinden lässt, helfen.

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