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Alles im Grünen Bereich

»Nach grüner Farb‘ mein Herz verlangt, in dieser trüben Zeit« – das schöne Volkslied aus dem 16. Jahrhundert hebt es wieder einmal hervor: Grün tut gut, es ist Farbe der Hoffnung, des Frühlings, des Neubeginns, des Lebens und der Jugend. Das war sicherlich schon immer so.

„Grau, teurer Freund, ist alle Theorie Und grün des Lebens goldner Baum.“

Johann Wolfgang von Goethe (Faust I)

Das grüne Paradies

Bei den meisten der alten, naturnahen Völker sind es ein lichtvoller, grüner Wald und bunt blühende Wiesen, voller Schmetterlinge und anmutiger Tiere, die den eben Gestorbenen auf der anderen Seite grüßen. Lediglich eine urbane Zivilisation sehnt sich nach einer »himmlischen Zitadelle«, nach dem neuen Jerusalem, wo die Straßen aus purem Gold und die Mauern aus funkelnden Edelsteinen bestehen. Die Anderswelt der Kelten war Avalon, ein Wald, in dem fruchtbeladene Apfelbäume wachsen. Äpfel galten den europäischen Urvölkern als Symbole des Lebens; selbst die Götter brauchen ihren täglichen Apfel (an apple a day), um jung zu bleiben.

Bei den Germanen war das Jenseits »die grüne Aue Gottes« (grôni godes wang). Das Wort »Wang« hat die Bedeutung einer blumenreichen Waldwiese, voller duftender Kräuter, zugleich auch einer saftigen Weide für das Vieh. Daran erinnert das Märchen der Frau Holle. Nachdem dem fleißigen Mädchen, das am Rand eines tiefen Brunnens spinnt, die Spindel aus der Hand rutscht, stürzt es in den Schacht und landet auf einer solchen Blumenwiese. Es hat sozusagen seinen Lebensfaden verloren und befindet sich plötzlich auf dem Totenpfad ins Jenseits, der zur alten Göttin, zur Frau Holle führt. Auch in der nordischen Poesie werden die Himmelsgefilde (himelriki) als »die grüne Heimat« beschrieben.

Löwenzahn

“Die grüne Aue Gottes” war das Jenseits der Germanen.

In der Urzeit, ehe die wilden Asen dahergestürmt kamen, walteten die weisheitsvollen Wanen (»die Leuchtenden«), die vor allem Götter der Vegetation sind, über das Weltgeschehen. Es war ein goldenes Zeitalter, ein Äon des Friedens, der Fröhlichkeit und der Fruchtbarkeit. Eisen und Waffen gab es noch nicht, man spielte auf grünen, sonnigen Wiesen. Freya, die Göttin der Schönheit und der Liebe, und ihr Bruder, der friedliche Freyr, gehören zu diesem edlen Geschlecht der Wanen – ein Wort übrigens, das mit »Wonne« verwandt ist. Noch im Mittelalter galt die Farbe der Freya, das Grün, als die Farbe der Minne.

Hildegard von Bingen

Eines der Verdienste der heilkundigen Hildegard von Bingen (1098–1179) war es, dass sie es verstand, das Naturwissen des einfachen Volkes mit der christlichen Lehre zu versöhnen. Auch die einheimischen Kräuter, erklärte sie, hätten Teil an der heilsamen, grünen Lebenskraft, an der Viriditas, nicht nur diejenigen, die in den engen, quadratischen Beeten der Klostergärten gepflanzt wurden: »Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit, und diese ist grün.«

Auch wenn der Teufel gelegentlich den hinterwäldlerischen Bauern als Grüner Jäger oder als grün gekleideter Junker, mit kecker Hahnenfeder am Hut, erschien – es handelt sich dabei um einen alten heidnischen Naturgeist und keineswegs den Satan der späteren kirchlichen Theologie –, so gilt das Grün auch in der christlichen Symbolik als die Farbe der Hoffnung und des Sieges des Lebens über den Winter. Auch heißt es im viel zitierten Psalm 23: »Der Herr ist mein Hirte… Er weidet mich auf einer grünen Aue.«

Literaturtipp "Wir sind Geschöpfe des Waldes"

In diesem Buch” Wir sind Geschöpfe des Waldes”, möchte ich euch den Wald wieder näherbringen.  Es fängt an mit den Schachtelhalmwäldern im Perm und Karbon vor rund 400 Millionen Jahren, in denen wir als kleine Lurche lebten; es geht weiter in die Wälder des Tertiär, wo wir als primitive Primaten in den Kronen der Baumriesen herumkletterten, bis wir, von stärkeren Menschenaffen aus dem Waldparadies vertrieben wurden und als Vormenschen die Baumsavannen besiedelten. Über diese Jahrmillionen haben uns die Bäume und der Wald entwicklungsgeschichtlich physisch und geistig geprägt.

Die Gründonnerstagssuppe

Und dann gibt es ja noch in der Karwoche den Gründonnerstag, der das Ende der Fastenzeit markiert und an das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern erinnern soll. Das »Grün« des Gründonnerstags jedoch hatte ursprünglich nichts mit der Farbe des Lebens zu tun, sondern kommt vom »Greinen« (mittelhochdeutsch grinen = weinen, wehklagen), denn nun standen Passion und Kreuzigung bevor.

 

Das einfache Volk machte aus diesem »Donnerstag des Greinens« den Gründonnerstag und knüpfte damit an altüberliefertes, heidnisches Brauchtum an, nämlich das Sammeln der »neun« grünen Kräuter, die als Kultspeise die vom Winter gebeutelten Menschen wieder mit dem Geist des lebenserneuernden Frühlings verbinden sollten. Die der Freya geweihten Kräuter wurden von den Frauen gesammelt und als Suppe oder Salat gegessen. Bis zum heutigen Tag kennt man in einigen Regionen die vitaminreiche und den Stoffwechsel anregende Gründonnerstagssuppe, die »Grüne Neune«, die sauce verte der Franzosen, die Neunkräutersuppe und die Frankfurter Grüne Soße, die Goethe so liebte.

Unsere grüne Neune Suppe

Etwa 2 Handvoll gemischte Kräuter waschen und fein schneiden. In etwas Butter oder Olivenöl 5–10 Minuten andünsten und mit 1/2–3/4 l Brühe aufgießen. Man kann auch halb Brühe und halb Sahne verwenden. Die Suppe nach Belieben mit dem Mixstab pürieren. Mit Salz, Pfeffer, geriebener Muskatnuss und Koriandersamen würzen.

Kräuter die in die Suppe kommen: Bachbunge, Bärlauch, Brennnessel, Giersch, Löwenzahn,Gänseblümchen, Scharbockskraut, Vogelmiere, Spitzwegerich

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Diskussion

  1. Ja, auch ich habe beim Wandern den Bärlauch gefunden..ich liebe Ihn und bereite ein Pesto daraus, dieses über Nudeln, Kartoffeln oder auf ein Brot…himmlisch!!
    Ein wenig tiefer in den Busch gehen, dann kannst Du es bedenkenlos pflücken, immer nur etwas, dann kommt im nächsten Jahr auch wieder genug nach! Auch von Herzen Dank an Wolf Dietet Storl, es berührt mich immer wieder zutiefst mit welcher Liebe und Hingabe Sie diese Geschichten erzählen!! Einen Frühlingsgruss, von B.Maria

  2. Ein Ostaragruß als Danke von mir.
    Herzliche Grüße Diana Monson

    Schenk ein, oh Göttin

    Schenk ein, oh Ostara,
    schenke ein,
    den güldenen Kelch
    des Frühlings.
    So lange war es
    Winterszeit
    und mein Sehnen
    gilt nun der Fülle.
    Vollmundig
    Soll die Süße sein,
    betörend für alle Sinne.
    Bring bunte Labsal
    Weit und breit,
    die Blumen,
    die lass sprießen.
    Den Vögel gebe
    Stimm und Freud
    mit Jauchzen
    dich zu besingen:
    mit Jubel fliegt dann
    mein sehnsuchtsvolles Herz
    und frohlockt freudig
    mit all der Vögel Stimmen.

    Schenk ein, Oh Göttin,
    schenke ein,
    den güldenen Kelch
    des Frühlings…,
    an Walpurgis bring ich
    meinen besonderen Dank
    und bin berauscht
    mit allen Sinnen:
    steck Blüten mir
    ins offene Haar
    und tanz voll Lust,
    inbrünstig frei,
    den wilden Tanz
    des neuen Lebens.

    Diana Monson,
    aus: Die Wunder reifen tief in mir

  3. Auferstehung, Neuentstehung…

    Und so dreht es sich im Kreise,
    der Jahreskreis ist weise,
    weiß genau dann wann es blüht,
    die Felder wieder grünt,
    es wirkt Ostara in neu Gewande,
    erstehet auf,
    der Jahreskreis nimmt seinen Lauf
    und unter Erde wird es schwere,
    so es entfaltet sich nach oben
    und wachset himmelwärts nach droben.
    Und in der Blüte neu Erscheinung,
    gewandelt sich des Jahres Blatt
    und hat aus neuem sich erschafft,
    beginnet nun das Freudenjahr,
    denn zu Lebendigkeit es saget „Ja“,
    entfaltet sich, erschafft aus neu,
    dabei sich selbst doch stete treu.

    Das Licht erhebet sich in Fülle
    Und taucht die Welt in lebhaft Hülle.
    Nun summt es und die Vöglein trällern,
    es liegen Eier auf den Tellern
    und alles stimmt von neu sich ein,
    die Welt taucht sich in vielerlei.

    Jetzt wird es sichtbar, will sich zeigen,
    da tanzen Kinder fröhlich Reigen,
    der Hase springt und freuet sich,
    denn Winterzeit war sicherlich!
    Nun strebt die Welt in bunte Farben,
    zum Festakt gibt es kleine Gaben,
    denn reich beschenkt uns die Natur,
    weit über Felder, Wälder, Flur.

    Nun tauch Dich in das grüne satt
    und speis der frohen Kunde Pracht,
    das Frühlingsrad sich neu gedreht,
    die Welt von neuem aufersteht!

    Frohe Ostern und herzliche Grüße aus dem Norden
    Antje Brendel

  4. Ja ich habe von meiner Oma schon gelernt,dass uns die Natur alles gibt was wir zu einem gesunden Leben brauchen.
    Und ich freue mich,dass mir mein Sohn das Buch ” unsere grüne Kraft ” geschenkt hat und ich mich wieder an vieles erinnert habe.
    Nun kann ich ja demnächst mit dem Sammeln anfangen.

  5. Habe leider Befürchtung, eher das giftige antipodium vom Bärlauch zu finden, und leider sind unsere wiesen voller Jauche, an den Wegrändern liegt Schmutz, teilweise gebrauchte Masken, Plastikflaschen,. .. sogar am land!
    Da muss man schon bald feudaler grossgrundbesitzer sein, um sowas gesundes zu haben….
    Oder auf die Berge raufsteigen

    • Hallo lydia, baerlauch hat duennere blaetter als Maiglöckchen und riecht stark nach knoblauch. Maiglöckchen nicht. Fasse mut und versuche einmal ein blatt auf Butterbrot zu essen. Es ist so ermächtigend. Frohe Ostern wuenscht mascha

      • Liebe Mascha danke herzlich für deine information!
        Das werde ich machen, gehe zwar viel mit hundi in die Natur, hab bis dato nichts bärlauchiges gesehen, auch dir ein frohes Osterfest!🙏🙋‍♀️‼️ Lbgrlydia

      • Ja, auch ich habe beim Wandern den Bärlauch gefunden..ich liebe Ihn und bereite ein Pesto daraus, dieses über Nudeln, Kartoffeln oder auf ein Brot…himmlisch!!
        Ein wenig tiefer in den Busch gehen, dann kannst Du es bedenkenlos pflücken, immer nur etwas, dann kommt im nächsten Jahr auch wieder genug nach!

  6. Viele lieben Dank für diesen grünen Newsletter. Ja, das Grün der Natur lässt unsere Herzen, in denen noch die dunkle Traurigkeit und Nachdenklichkeit des Winters gefangen ist, aufleben, aufblühen und sich mit Farbe, Frohsinn und Hoffnung füllen. Das Grün der Natur leuchtet über meine Augen direkt hinein in Seele und Geist. Die Lungenfüllen sich mit dem üppig produzierten Sauerstoff und hin und wieder schöpfe ich eine Handvoll aus dem Boden quellendes Wasser, angereichert mit den Gaben der Bäume, das die Kehle klärt und nährt.

  7. Danke, jetzt kann ich wohlgemut in den Fühling träumen.


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