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Buchvorstellung: “Mein amerikanischer Kulturschock”

Mein Freund Frank fragte mich mal, was ich damals als Student in Amerika oder überhaupt so an der Universität gemacht habe, „War wohl ’n typisches eventloses, langweiliges Studium?“ „Nee“, gab ich zur Antwort, „eigentlich nicht. Es war ja die Zeit der Blumenkinder, der Hippies, des Vietnam Krieges, der sexuellen Revolution; da ging es heftig zu, da steckte ich mitten drin.“ „Schreib doch mal was darüber“, sagte er, „die 60ger Jahre in den USA: Das war doch eine historisch spannende Zeit, eine Zeitwende, sozusagen. Und die hast du hautnah miterlebt. Als Zeitzeuge, sozusagen. Das wäre doch interessant, zu erfahren, wie du das persönlich erlebt hast“.

Nun, ich weiß nicht, ob das was bringt“, wehrte ich ab, “erstens gelte ich als Kräuterexperte, Ethnobotaniker, eventuell auch als jemand der sich in Mythologie und Märchen auskennt, und wenn ich da aber über diese Zeit schreibe, würde das doch aus dem Rahmen fallen. Außerdem war ich damals jung, noch nass hinter den Ohren und ziemlich egoistisch, wie man es eben in diesem Alter ist. Ich war damals ein anderer Mensch. Ähnlich wie der Körper, in dem, in einem Zeitraum von sieben Jahren, jede Zelle gegen eine neue ausgetauscht wird, so wandelt und verwandelt sich auch unsere Seele“.

Ich erlebete die Zeit der Blumenkindern.

„Ja, aber irgendwas bleibt; das Frühere schafft die karmischen Vorsausetzungen für das Spätere. Im gewissen Sinn gehören sie ja zusammen,“ meinte mein Freund.

„Klar, aber das ist dennoch recht weit weg. Es war eine Zeit der seelischen Verwirrung, alles andere als vorbildlich – wer soll das lesen? Manchmal war ich ein richtiger Blödmann, ein Trottel. Ich meine, auf vieles bin ich nicht stolz“.

Frank, der mal in Indien war und sich viel mit Babaji befasst hat, kommentierte: „Unerfahren sind wir ja alle mal gewesen. Wie sagte Babaji noch? Kein Heiliger ist ohne Vergangenheit und kein Sünder ohne Zukunft!“

„Na ja, es war für mich so eine Zeit, die Psychiater als „Realitätsprüfung“ umschreiben würden. Jugendliche begeben sich in ungewöhnliche und manchmal gefährliche Situationen um zu erfahren, was wirklich Wirklichkeit ist, um ihre Grenzen, ihre eigenen Stärken und Schwächen auszuloten, um zu lernen, das eigene Verhalten realistisch einzuschätzen. In traditionellen Stammesgesellschaften sind es aufwendige Jugendinitiationsriten, die dieses gewährleisten. Da werden die jungen Männer von der Gesellschaft abgesondert, traumatisiert, gehen auf Visionssuche; zugleich werden sie von älteren erfahrenen Stammesmitgliedern, Schamanen oder Ritualspezialisten belehrt und in verantwortungsbewusste Erwachsene verwandelt. In der westlichen Welt erfüllten früher meistens der Militärdienst oder die Wanderjahre, die Walz der Gesellen, diesen Zweck. Aber heute sind Jugendliche häufig orientierungslos und auf sich selbst angewiesen. Drogenexperimente, Extremsport, Reisen in exotische Länder sind dann oft Versuche der Selbst-Einweihung“. 

Ein anderes Leben

Irgendwie ließ es mir keine Ruhe, und ich fing an, so wahrheitsgetreu wie nur möglich, das niederzuschreiben, was die Erinnerung wiedergab. Dabei hielt ich mich an Arthur Hermes, einer meiner Lehrer was die Spiritualität der Natur betrifft, der mir mal sagte: „Du kannst alles schreiben, solange es wahr ist!“ Ich nahm mir vor, nichts hinzu zu fabulieren, sondern die Dinge so zu schildern, wie ich sie erlebt habe. Bei einigen Personen, die in der Erzählung erwähnt werden, habe ich den Namen leicht geändert, aber bei den meisten stimmt der Name.

In meiner Jugend war ich nicht nur von dem Landleben und der Natur, sondern auch vom christlichen Glauben geprägt worden und bin es noch im gewissen Sinn. Aber nun, durch das Schreiben, durch dieses bewusste Durchleuchten der zum Teil dunklen Korridore der eigenen Vergangenheit, ist mir manche Einsicht zuteilgeworden: Wir leben nicht nur in einer göttlichen Welt, sondern in einer Welt, in der die Götter – die Archetypen, im Sinne Carl Gustav Jungs – noch, wie eh und je, am Werk sind. Und nicht wir wählen uns unsere Götter, sondern sie wählen uns. Sie adoptieren uns, so wie wir einen niedlichen Welpen oder ein Kätzchen adoptieren würden; und sie prägen uns.

Wolf-Dieter Storl als Student 

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Es war wohl der Geist Wodans (Odins), der mich wählte. Wodan – für den Christen Rudolf Steiner ist er ein Erzengel – ist der Wanderer, der Fahrende, der Grenzüberschreitende; er ist ein Schamanengott, der seine Anhängern und Auserwählten in ungewöhnliche Situationen lockt, auch in die Gefahren lockt, so dass sie nicht nur das Licht kennenlernen, sondern auch die Finsternis, nicht nur das Göttliche, sondern auch das Dämonische, nicht nur die Ekstase sondern auch den Schmerz. Alles gehört zum Sein. Alle Aspekte gehören – wie die Weisen Indiens sagen – zu unserem göttlichen Selbst; alles ist Shiva. Ein Gott wie Wodan führt zur Ganzheit. Nur in unserer Ganzheit sind wir heil.

Diese Einsicht ist also für mich der Lohn der Schreibarbeit; für den Leser soll es gute Unterhaltung sein.

Literaturtipp "Mein amerikanischer Kulturschock"

In dem Buch “Mein amerikanischer Kulturschock” geht es um meine Jugend unter Hillbillies, Blumenkindern und Rednecks. Ich behaupte immer noch, Amerika gut zu kennen. Von innen her. Wie ein Drache hat es mich verschluckt und als unverdaulich wieder ausgespien. Ich bin dem American Way of Life, diesem vereinnahmenden, quasireligiösen Kult, durch die Lappen gegangen. Und da- ich Amerika gut kenne- und die Menschen dort auch liebe-, will ich meinen europäischen Zeitgenossen auch davon erzählen.

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1. Juni 2024 um 19:00 Uhr