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Die Wegwarte – Eine strake Heilpflanze

Wer kann an der Wegwarte, der wilden Zichorie (Cichorium intybus) vorbeigehen, ohne sie zu bewundern? An sonnigen Weg- und Feldrändern, auf harten, ausgetrockneten Böden steht sie, reckt sich über einen Meter in die Höhe und richtet ihre zarten, himmelblauen Blüten zur Morgensonne. Manch einer hat sich ein Sträußchen im Vorbeigehen gepflückt; als er aber zu Hause ankam, waren die schönen Blüten allesamt verschwunden.

Der Blumenfreund hätte wissen müssen, dass „die Wegwarte einen ganz bestimmten Zeitrhythmus einhält: Morgens, gegen sechs Uhr, öffnet sie ihre kurzlebigen Blüten; gegen elf Uhr schließt sie diese wieder. Bedecken dunkle Wolken die Sonne, dann öffnet sie ihre Blütenköpfchen überhaupt nicht. Sie fängt nach der Sommersonnenwende zu blühen an, wenn die Tage wieder kürzer werden. Um die Herbst-Tagundnachtgleiche, wenn die Sonnenkraft schwindet, haben die letzten Blüten ausgeblüht.

Wegwart

Die Pflanze gibt sich völlig der Sonne hin. Der Alchemist Albertus Magnus nennt sie mit Recht die „Sonnenbraut“. Die Volkssage macht sie zur verwunschenen Prinzessin, , die mit ihren blauen Augen ständig nach Osten hin Ausschau hält, den Weg hinunter, den ihr Ritter nach Jerusalem zog. Eine andere Sage erzählt von einer Jungfrau, die sieben lange Jahre um ihren im Krieg gefallenen Freund trauerte. Als man sie drängte, endlich einen anderen zu wählen , erwiderte sie:

Eh als ich lass das Weinen stehn,
Will ich lieber auf die Wegscheid gehn
Eine Feldblum‘ dort zu werden!

Diese Blume erzählt also von Liebe, die nicht loslässt – im gewissen Sinn aber auch von Selbstmitleid oder gar Egozentrik. Die sparrigen, dürren, fast blattlosen Stängel, an denen die Blütenköpfe unmittelbar sitzen, bringen auch die ausgezehrten Gestalten jener Menschen in den Sinn , die vor lauter Sehnsucht dahinschmachten .

Erscheinen die blauen Blüten auch wie ein Sinnbild langmütiger Geduld, so steckt in ihnen dennoch eine unerwartete Regsamkeit, eine gespannte Ungeduld. Bei der leichtesten Berührung durch ein Insekt verkürzen sich augenblicklich die Staubfäden. Der Blütenkelch ist so eng , dass durch diese Reaktion die Pollenkörner aus den Staubbeuteln herausgedrückt werden. Ein wenig „animalische“ Sensitivität finden wir also auch in dieser Blüte.

In der altüberlieferten Blumensprache heißt es: „Wie die Wegwarte immer zur Sonne dreht, so lasse ich mich durch nichts von Dir ablenken, mit Herz, Leib und Seel Dir die Liebe schenken!“ Eine Augsburger Nonne aus dem 15. Jahrhundert schreibt, dass derjenige der Wegwarte trägt, damit sagen will „das er nicht auf den Weg kommen kann, der seinem Lieb gefällig sei, und das er begehrt, diesen gewiesen zu werden.“

Literaturtipp

Die renommierte Bach-Blüten-Autorin Mechthild Scheffer gibt zusammen mit Wolf-Dieter Storl in Die Seelenpflanzen des Edward Bach neue, aufschlussreiche Einblicke in die Hintergründe und Bedeutungszusammenhänge der Bach-Blütentherapie. Einsteiger sowie erfahrene Anwender der Bach-Blüten erhalten umfassende Information und neue Erkenntnisse, die das Wissen um die Wirkungsweise komplettieren. Alle Blüten sind auf ganzseitigen Farbfotos abgebildet.

Ein tolles Lebermittel

Die astrologischen Kräuterärzte erkannten in der Zichorie die Signatur von Jupiter und Saturn. Aufgrund der löwenzahnähnlichen Blätter und der milchhaltigen Pfahlwurzel glaubte man einst, sie sei ein verwandelter Löwenzahn (eine Jupiterpflanze par excellence) – tatsächlich gehört dieser zur gleichen Unterfamilie, den Cichorioideae. Culpeper schreibt: ,,Chicory bewegt die phlegmatischen Humore, treibt Blockierungen von Leber (Jupiterorgan), Galle und Milz (Saturnorgan).„

Unten im Tal steht der Schwarzdorn (Schlehe) schon in Blüte. Das schwarze, dornige Holz der Schlehe ist plötzlich in eine schneeweiße Blütenpracht getaucht. Für die Kelten war es ein Zeichen, dass die dunkle Göttin des Winters sich nun in eine Lichtgöttin verwandelt hatte. Bei bei den Germanen hieß die junge Göttin Ostara (angelsächsisch Eostrae).

Ihr Name geht auf das ur-germanische *austron zurück und bedeutet etwa, „aus dem Osten kommendes, strahlendes Morgenlicht“. Frühlingsfeuer begrüßen die Göttin, Frauen sammelten nun die „neun“ Frühlingskräuter; es war eine der Göttin geweihte Kultspeise, die mit der grünen Kraft des Lebens verbindet. Schon in vorchristlichen Zeiten bemalte und verzierte man die frischen Eier, und die Hasen symbolisierten die hereinbrechende Lebensfreude und Fruchtbarkeit.

Tatsächlich ist ein Aufguss des Krautes ein nicht zu übertreffendes Lebermittel. In der Homöopathie ist Cichorium als Leber-, Milz- und Blutreinigungsmittel angezeigt, und in der Spagyrik -einer aus der Alchemie hervorgegangene Medizinrichtung – gelten Cichorium-Präparate ebenfalls als Heilmittel bei Leber-, Milz- und Magenstörungen, sowie bei Gallensteinen.

Aber noch stärker als Jupiter wirkt Saturn in dieser Pflanze. Der Planet offenbart sich in der blauen Blüte, in den sparrigen Stängeln, deren Grün leicht grau getönt ist, und in dem bitteren Geschmack, der die Wurzeln und Blätter durchzieht. Das Bittere schmeckt man noch in dem ausgerösteten Zichorienwurzeln hergestellten Ersatzkaffee. Dem Wintersalat, dem Brüssler Chicoree (Witloof), der nichts Anderes ist als die sprossende Hauptknospe der Wegwarte im Winterstadium, hat man die Bitterkeit durch Lichtentzug genommen. Die jungen weißen Blätter verharren noch im einem zarten „mondhaften“ Zustand; sie haben ihre saturnische Eigenart noch nicht entwickeln können.

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Diskussion

  1. seitdem ich kein sog unkraut mehr zupfe , habe ich eine wunderbare riesengroße wegwarte genau auf der rechten seite meines hauseingangs.
    sie begrüßt mich jeden tag, wenn ich nach hause komme. irgendwie habe ich den eindruck sie passt auf das haus auf, solange ich nicht da bin. keine ahnung, wo sie herkommt. hier gibt es weit und breit keine. ich finde sie hat sehr viel kraft. der wind kann ihr trotz ihrer größe nichts anhaben. ich habe noch keins ihrer bücher gelesen, aber ich glaube ich sollte mich da mal mit beschäftigen. lg maya

  2. Lieber Wolf-Dieter Storl, die Wegwarte wurde mir als Kind bewußt, als ich das wunderbare Buch “Sieben und dreimal sieben Geschichten” las.
    Seitdem ist sie für mich, neben der Kornblume, “das schönste Blau der Welt”. Wie kann so etwas Bitteres so schön sein?
    Warum?
    Nachzulesen in “Sieben und dreimal sieben Geschichten”.

    Grüße aus dem Wolf- und Sorbenland!

  3. Lieber Wolf-Dieter!
    Aus hintergründigen alchymischen Quellen heißt es:
    Die Wegwarte,Saturn, ist unser Wegbegleiter.
    Sie wächst entlang unseres Lebensweges, und wann immer wir drohen vom Weg abzukommen, ist Sie es, ist Saturn es, der uns wieder auf die Bahn zurückbringt.
    Als Wächter am Wegesrand, schickt sie uns saturnische Disharmonien, sollten wir uns zusehr verlaufen. Je heftiger die “Symptome” ums so weiter haben wir uns von uns selbst entfernt.
    Auf gewisse weise, hilft sie uns unser Dharma zu erfüllen, und ist ein wichtiger Teil vom ewigen Gesetz, sanatana dharma.

    Hari om
    Magdalena

  4. Ich liebe die Wegwarte schon lange.Sie begleitet mich immer am Wegesrand beim Fahrradfahren.Sie wartet am Weg auf mich u. schenkt mir Freude.Ich liebe ihr besonderes blau,was ich sonst noch nie sah u. ihre zarten Blütenblätter

  5. Schon seit Monaten erfreuen mich meiner Wegwarten, im Topf gesät. Ich liebe es, sie *Zigeuner-Blumen* zu nennen, auch wenn das heute ein verfemmtes Wort ist, da politisch nicht korekt. Und ist es ein Zufall, dass wir jetzt, im August, eine Jupiter-Saturn-Konjunktion haben, insofern ich richtig informiert bin. Denn leider in unseren Vorstädten der Megapolen sieht man die Sterne nur sehr schlecht. Und der Ausdruck *Arme-Seelen-Blume* oder -Kraut lässt tief blicken. Und dann gibt es bei uns noch den Bambou, ein Zichorienkaffee, der früher, zu Kriegszeiten (?), sehr beliebt war wie auch heute noch. Übrigens, die wilden Zichorien blühen gleich neben den Ipomeen, in meinem Seelen-Gärtelein, und sie schließen ebenfalls um Mittag, ein Uhr, den Schirm.
    Seltsam, Ost und West, doch alle total ostwärts gerichtet. ET MAGIIS EX ORIENTEM VENIERUNT, wesshalb muss ich bloß zu nachtschlafener Zeit mit meinem (nicht vorhandenen Latein) blöffen, zu deutsch, die drei Sterndeuter kamen aus dem Orient, ich weiss es nicht, eine Mondsüchtige
    UND VIELEN, GROSSEN DANK für die Post, Marianne

    • Die Stelle bei Mathäus 2.1 heisst
      ECCE MAGI
      AB ORIENTE VENERUNT
      HIEROSOLYMAN
      DICENTES:
      UBI EST ,
      QUI NATUS EST,
      REX JUDAEORUM?
      Ich weiss wirklich nicht,
      wieso ich auf sowas komme.
      Wohl der Komet mit
      dem unaussprechbaren
      Namen mir
      den Kopf verdreht hat,
      oder die Blüten
      der Wegwarte wie
      blaue Augensterne
      blühen und glühen?

  6. Nichts passiert durch Zufall. Auch das lesen dieses Artikels zeigt mir jetzt gerade, da ich Rückenschmerzen habe, wie diese Pflanze mit ihrer Saturn-signatur mir das richtige Heilmittel aufzeigt.
    Danke für diesen Artikel.

  7. Ein wunderbarer Artikel zur Wegwarte, die ich vor langen Jahren als Hochzeitsblume wählte, aber dann ( wie oben beschrieben) zum wichtigen Zeitpunkt alle Äuglein wieder schlossen. Ich hielt nur noch Gestrüpp in der Hand. Wie unangenehm. Am nächsten morgen in der Vase erblühten sie wieder. Die Wegwarte ist eine meiner Lieblingsblumen und blüht jeden Sommer auf meinem Balkon. Danke für den tollen Beitrag.


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1. Juni 2024 um 19:00 Uhr